ABSCHLUSSREFLEXION: Umweltschutz und Umweltbewusstsein
Magdalena
Müller, Stefanie Riegler, Theres Scheiblauer
Umweltbewusstsein
wird vom Rat von Sachverständigen für
Umweltfragen (vgl. 1978: 445) als „Einsicht in die Gefährdung der
natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen durch diesen selbst, verbunden mit
der Bereitschaft zur Abhilfe“ definiert. Das Konzept besteht also aus zwei
Komponenten, nämlich einerseits der Wahrnehmung der Verschlechterung der
Umweltsituation, die durch den Menschen verursacht wird, und andererseits der
Bereitschaft dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Während der Exkursion
stellten wir durch die zahlreichen Berichte und Diskussionen fest, dass in
Thailand ein starker Interessenskonflikt zwischen lokalen Bevölkerungsgruppen,
die in Communitys mit ruralen Strukturen leben, und der Regierung bzw.
wirtschaftlichen Akteuren herrscht.
Ein
einschneidendes Beispiel war der Besuch des Dorfes Ban Hua Fai, in dem die
DorfbewohnerInnen berichteten, dass ihr Alltag aufgrund der Nähe zu einem
Tagebau von Lärmbelästigung und Luftverschmutzung, die wiederum zu massiven
Gesundheitsproblemen führt, geprägt ist. Die EinwohnerInnen haben sich
zusammengeschlossen und sich für eine Umsiedlung der Gemeinde eingesetzt, die
letztendlich auch bewilligt wurde. Sie konnten zwar die Verschmutzung nicht
reduzieren, jedoch haben sie es geschafft für ihr eigenes Wohlergehen zu
sorgen. Den enormen Zusammenhalt und die bewundernswerte Willensstärke von
kleinen Communitys haben wir während unserer Reise immer wieder bemerkt.
Auch
im Karendorf haben wir einen Einblick in das vorherrschende Umweltbewusstsein
der Minderheit gewinnen können. Dort geht es vor allem um die Bewirtschaftung
der Fläche, da diese eine wichtige Lebensgrundlage für das Dorf darstellt
(Nahrung, Holz, etc.). Durch die Nutzung des Bodens besteht jedoch ein Konflikt
mit der Regierung, in deren Besitz sich die Nutzfläche befindet und die daher
versucht die Bevölkerung vom Wald auszuschließen. Die Karen selbst betreiben zu
einem großen Teil einen nachhaltigen Wanderfeldbau, welcher zum Ziel hat, dass
sich der Boden wieder regenerieren kann. Unterstützt wird die Minderheit von
Raks Thai, einer NGO, die als Vermittlungsinstanz zwischen Staat und den
lokalen Ansässigen dient.
Obwohl
es in Thailand schon seit vielen Jahren verboten ist, landwirtschaftliche
Nutzflächen durch Brandrodung zu gewinnen, geschieht dies gerade im Norden von
Thailand immer noch regelmäßig. An den steilen Hängen rund um das Karendorf
wäre eine händische Abholzung zu arbeitsintensiv, die dafür notwendigen
Maschinen sind nicht verfügbar. Da die Bevölkerung aber auf eben jene Flächen
angewiesen ist, wird Feuer nach wie vor genutzt, um Felder von Bäumen und
Sträuchern zu befreien. Dabei wird der Hang von oben weg angezündet, sodass
sich das Feuer nicht ungebremst ausbreiten kann. Diese Brände haben zur Folge,
dass die Luft manchmal stark verschmutzt ist. Gerade in den Wintermonaten, wenn
es kaum oder gar nicht regnet, ist die Luft in der Region rund um die Stadt
Chiang Mai oft sehr stark verschmutzt. Unter diesem Phänomen leiden also nicht
nur die ländliche Bevölkerung, sondern auch die Bewohner der Städte. Obwohl
sich in Bezug auf die Reinhaltung der Luft viel getan hat in den letzten
Jahrzehnten, muss für diese Art der Umweltverschmutzung ein stärkeres
Bewusstsein geschaffen werden. Es muss der ländlichen Bevölkerung Hilfestellung
geleistet werden, da sie alleine keine alternativen Rodungsformen finanzieren
kann.
Beispiel für eine landwirtschaftliche Nutzfläche, die durch Brand gerodet wurde |
Ein
weiterer wichtiger Programmpunkt in Hinblick auf die Thematik des
Umweltbewusstseins war der Dialog mit einem Biobauern. Er klärte uns darüber
auf, dass die Produkte, die hohe ökologische Standards aufweisen, zwar noch
nicht so populär sind wie in Europa, jedoch trotzdem eine steigende Nachfrage,
vor allem bei der urbanen Gesellschaft, zu bemerken ist. Diese Tatsache zeugt
von einem einsetzenden Umweltbewusstsein im städtischen Raum, dessen
Entwicklung mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Trend des Westens folgen wird.
Diese Entwicklung kann generell für Thailand beobachtet werden, da der
Nachhaltigkeitsdiskurs eine immer zentralere Rolle im Umweltbewusstsein der
thailändischen Bevölkerung, hier im Speziellen der urbanen Mittelschicht,
einnimmt.
"This
force is in Thailand made up by people possessing the professional skills to
run the modern Thailand with an open, liberalized, export-oriented
manufacturing economy. They occupy a spectrum, which runs from managerial
employees at the one end, through self-employed professionals in the middle, to
small businesses and sub-contractors at the other. This new class is a child of
growing urban capitalism. In line with global trends, this urban based,
economically well off and educated group grasped the idea of the “Brundtland
Commission” and the concept of sustainability. The economic welfare should not
be at the expense of nature, as they perceive it." (Buch-Hansen 2011: 143)
Ökologische Landwirtschaft |
Positiv
überrascht waren wir von der Eigeninitiative der Dorfgemeinschaft in Mae Tha,
die sich sehr darum bemüht, den Wald nachhaltig zu bewirtschaften und ihr
Wissen auch an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben. Für sie ist es
wichtig, den Blick in Richtung Zukunft zu richten und deshalb bereits bei den
jungen Mitmenschen Bewusstsein zu schaffen. Dies geschieht vor allem im Zuge
des Nachhaltigkeitsunterrichts und verschiedener Projekte.
Seitens
des Staates gibt es zwar Förderungen für nachhaltige Innovationen (wie zum
Bespiel die Waste-To-Energy-Anlage, die eine nachhaltige Müllentsorgung gewährleistet),
im Großen und Ganzen stellten wir jedoch fest, dass die Regierung sich in
Umweltfragen zurückhält, was die Relevanz von NGOs wie Raks Thai oder der
Henrich-Böll-Stiftung, die sich ebenfalls für ein ökologisches Bewusstsein
einsetzt, enorm steigert.
Die Waste-to-Energy-Anlage |
Einen
weiteren Punkt bezüglich des Umweltbewusstseins konnten wir bei eine unserer letzten
Stationen in Bangkok, dem Klong Lad Pho Flood Gate, einem Projekt, das vom
König Bhumibol initiiert wurde, beobachten. Der Kanal ermöglicht eine raschere
Entwässerung des Chao Phraya Flusses bei Überflutungsgefahr in das Meer. Bei
der Besichtigung des Flood Gates ist uns vor allem ins Auge gestochen, dass das
Flood Gate Teile des Mülls, der im Chao Phraya angeschwemmt wurde, auffing
(siehe Bild).
Gesammelter Müll in der Schleuse des Flood Gates |
Auf
unser Rückfragen hin fanden wir jedoch heraus, dass dieser Müll nicht aus dem
Wasser gefischt wird, sondern bei Öffnung der Schleusentore weiter in den Kanal
geleitet wird. Entsprechend der eingangs diskutierten Definition des Begriffs
„Umweltbewusstsein“ zeigte sich für uns wieder, dass dieses Müllproblem von den
Stakeholdern zwar wahrgenommen wird, es jedoch offensichtlich an der
Bereitschaft zur Umsetzung fehlt.
Adäquater
Umgang in Umweltfragen ist in einem Land aber nicht nur von staatlichen
Institutionen und großen Firmen, sondern auch von der Bevölkerung selbst
abhängig. Dies fängt bei kleinen Dingen wie der Müllentsorgung an. Was für
einen Europäer nahezu undenkbar ist, ist im thailändischen Alltag ganz normal:
Müll wird oft einfach auf die Straße geschmissen. Es gibt kaum öffentliche
Mistkübel auf der Straße, weswegen den Leuten auch nicht wirklich etwas anderes
übrigbleibt, wenn sie ihren Müll nicht den ganzen Tag durch die Stadt tragen
wollen. Prinzipiell hat man nicht das Gefühl, dass Mülltrennung in Thailand ein
Thema ist. Es wird einem keine Auswahl an verschiedenen Tonnen angeboten, um
seinen Abfall fachgerecht zu entsorgen. Auch, wenn durch Waste-To-Energy-Anlagen
schon der erste Schritt in die richtige Richtung im Umgang mit Müll gemacht
wurde, gibt es in diesem Bereich noch Handlungsbedarf in den nächsten Jahren
und Jahrzehnten.
Aus
unseren Beobachtungen schlussfolgern wir, dass man von einem einsetzenden
Umweltbewusstsein bei der Bevölkerung sprechen kann, jedoch ist der Prozess der
Umsetzung aufgrund des fehlenden Rückhaltes der Regierung sehr mühsam. Derzeit
ist der Wille, etwas an der Verschlechterung der Umweltqualität zu ändern zwar
erkennbar, jedoch wird er nur lokal und auf einer kleinen Maßstabsebene
umgesetzt. Es fehlt am notwendigen Weitblick und an Möglichkeiten, Thailand als
Ganzes umweltfreundlicher zu machen.
Quellen:
Buch-Hansen M.
(2001): Is Sustainable Agriculture in Thailand Feasible? – In: Journal of
Sustainable Agriculture 18(2/3), 137-160.
Rat
von Sachverständigen für Umweltfragen (1978):
Umweltgutachten 1978, Deutscher Bundestag, Drucksache 8/1938.
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